Gesundheit ist mehr als die Abwesenheit von Krankheit. Sie beginnt im Alltag, in unseren Routinen, in unserem Verständnis für den eigenen Körper. Genau hier setzt unser Online-Kongress an. Mit fundiertem Fachwissen, verständlich vermittelt und direkt anwendbar. Expert:innen aus verschiedenen Bereichen sprechen über Themen wie Mikrobiom, Hormone, Ernährung, mentale Gesundheit und Prävention – immer mit dem Ziel, Menschen auf ihrem individuellen Gesundheitsweg zu begleiten und zu stärken. Im Folgenden stellen wir vier Vorträge aus dem Kongress vor, die Dir wertvolle Impulse für Deine Gesundheit liefern.
Inhaltsverzeichnis
Blutzucker stabil halten: So funktioniert es wirklich - mit Matthias Steiner
Grenzwert und Bedeutung
Der Blutzuckerspiegel steht in direktem Zusammenhang mit dem Stoffwechsel und wirkt sich auf zahlreiche biologische Prozesse im Körper aus. Besonders am Morgen, also noch vor der ersten Mahlzeit, sollte dieser Wert optimalerweise unter 100 mg/dl liegen. Bleiben die Werte hingegen dauerhaft über 123 mg/dl, kann dies bereits erste Zellschädigungen begünstigen. Aus diesem Grund ist es wichtig, große Ausschläge der Blutzuckerkurve im Tagesverlauf möglichst zu vermeiden.
Ernährung und Blutzuckerkurve
Wird dem Körper regelmäßig eine große Menge an Kohlenhydraten zugeführt, ist er gezwungen, entsprechend viel Insulin auszuschütten. Bleibt dieser Zustand über Jahre hinweg bestehen, kann sich eine sogenannte Insulinresistenz entwickeln, eine Vorstufe des Typ-2-Diabetes, auch Prädiabetes genannt.
Darüber hinaus beeinflusst der Blutzuckerspiegel auch das Essverhalten. Die Infografik zeigt dies anhand zweier Verläufe: Die grüne Linie steht für einen idealen Blutzuckerverlauf, bei dem es nach dem Essen zu einem moderaten Anstieg und anschließend zu einem gleichmäßigen Absinken kommt. Die orangefarbene Linie hingegen verdeutlicht eine ungünstige Entwicklung. Nach dem Verzehr großer Mengen stark zucker- bzw. kohlenhydrathaltiger Lebensmittel schnellt der Blutzucker steil nach oben. Der Körper reagiert darauf mit einer verstärkten Insulinausschüttung, was zu einem raschen Abfall des Blutzuckerspiegels führt, oft sogar unter das Ausgangsniveau. Diese sogenannte Unterzuckerung kann dazu führen, dass bereits ein bis zwei Stunden später erneut Hunger bzw. Heißhunger auftritt.

Infografik: Blutzuckerspiegel und Essverhalten
Insulin – Funktionen & Einfluss
Insulin spielt eine zentrale Rolle im Energiestoffwechsel, denn es sorgt dafür, dass Zucker aus dem Blut in die Muskelzellen gelangt. Matthias Steiner erklärt das Prinzip anschaulich: Nur wer regelmäßig trainiert, baut auch Muskelmasse auf und damit Speicherplätze für Energie. Diese Speicher kann man sich wie kleine Türchen vorstellen. Je mehr Muskeln, desto mehr Türchen stehen offen. Sind die Energiespeicher in den Muskeln jedoch voll, kann der überschüssige Zucker nicht mehr aufgenommen werden und wird in den Fettzellen eingelagert. Fettzellen sind grundsätzlich wichtig für den Körper, doch wenn sie überfüllt sind, beginnt der Organismus damit, neue Fettzellen zu bilden. Das führt langfristig zu einer Gewichtszunahme.
Hinzu kommt ein weiterer Effekt. Solange Insulin im Blut aktiv ist, wird die Fettverbrennung blockiert. Es dauert etwa zwei bis drei Stunden, bis der Insulinspiegel wieder gesunken ist. Deshalb sind längere Pausen zwischen den Mahlzeiten, in denen keine neuen Kohlenhydrate aufgenommen werden, entscheidend, um die Fettverbrennung überhaupt in Gang setzen zu können.
Umsetzbare Maßnahmen
Es gibt verschiedene einfache Ansätze, mit denen Du Deinen Blutzuckerspiegel im Alltag positiv beeinflussen kannst. Eine Möglichkeit ist das Intervallfasten, etwa nach dem 16:8-Prinzip. Ob und wie es zu Dir passt, hängt von Deinem individuellen Lebensstil ab. Auch der gezielte Einbau von kohlenhydratarmen Mahlzeiten kann helfen, den Blutzucker stabil zu halten. Zwischen den Mahlzeiten solltest Du möglichst Pausen von mindestens fünf Stunden einplanen, um dem Körper Zeit zur Verarbeitung und Regeneration zu geben. Bewusstes Essen und gründliches Kauen unterstützen zusätzlich die Verdauung und verbessern das Sättigungsgefühl. Regelmäßige und moderate Bewegung bringt den Stoffwechsel in Schwung und wirkt sich ebenfalls positiv auf den Blutzuckerverlauf aus. Wer ein noch besseres Gespür für den eigenen Körper entwickeln möchte, kann für eine gewisse Zeit einen Blutzuckersensor tragen und die eigenen Reaktionen auf Mahlzeiten und Aktivitäten beobachten.
Mikrobiom-Fasten: Risiken der Darmreinigung & Wege zu besserem Fastenerfolg - mit Dr. Axt-Gadermann
Warum ist Fasten so gesund?
Fasten hat weitreichende Auswirkungen auf zahlreiche biochemische Prozesse im Körper. Es kann die Gesundheit des Herz-Kreislauf-Systems verbessern und zur Senkung des Blutdrucks beitragen. Gleichzeitig wirkt es sich positiv auf den Blutzuckerspiegel sowie die Insulinausschüttung aus. Auch das Entzündungsgeschehen im Körper kann durch regelmäßige Fastenphasen deutlich reduziert werden. Darüber hinaus kann das Fasten die geistige Leistungsfähigkeit fördern und das Risiko für neurodegenerative Erkrankungen wie Demenz verringern sowie die psychische Gesundheit stabilisieren. Ein weiterer zentraler Effekt ist die Aktivierung der körpereigenen Autophagie und sogenannter Sirtuine. All diese Mechanismen tragen dazu bei, dass Fasten als eine wirkungsvolle Methode zur Alterungsprävention gilt. Wer regelmäßig fastet, kann nicht nur seine Lebenserwartung erhöhen, sondern vor allem auch die gesunden Lebensjahre verlängern.
Heilfasten vs. Intervallfasten
Zwischen dem klassischen Heilfasten und dem heute weit verbreiteten Intervallfasten bestehen grundlegende Unterschiede. Intervallfasten gilt als besonders alltagstauglich und leicht umzusetzen. Die bekannteste Form ist das sogenannte 16:8-Fasten, bei dem täglich 16 Stunden auf Nahrung verzichtet und innerhalb eines Zeitfensters von acht Stunden gegessen wird – idealerweise ausgewogen und nährstoffreich. Eine weitere Variante stellt das 5:2-Fasten dar. Dabei wird an fünf Tagen pro Woche normal gegessen, an den übrigen beiden Tagen hingegen die Kalorienzufuhr auf etwa 400 bis 600 Kilokalorien begrenzt. Im Gegensatz dazu steht das klassische Heilfasten, das bereits seit vielen Jahrzehnten praktiziert wird. Bekannte Ansätze stammen unter anderem von Buchinger, FX Mayr, Schroth. Diese traditionellen Fastenkuren sind deutlich strukturierter und oft medizinisch begleitet.
Ein zentrales Element vieler klassischer Fastenmethoden war lange Zeit die Darmreinigung. So empfehlen Konzepte wie die von Buchinger oder FX Mayr regelmäßig abführende Maßnahmen, um den Darm zu entleeren. Aktuelle wissenschaftliche Erkenntnisse legen jedoch nahe, dass diese Vorgehensweise nicht zwingend notwendig ist und sogar negative Auswirkungen auf das Mikrobiom haben kann. In den Leitlinien der Ärztegesellschaft für Heilfasten und Ernährung wird dennoch weiterhin empfohlen, den ersten Fastentag mit Glaubersalz einzuleiten und im weiteren Verlauf des Fastens regelmäßig – entweder täglich oder jeden zweiten Tag – Abführmaßnahmen wie Colon-Hydrotherapie, Bittersalz oder Einläufe durchzuführen.
Darmreinigung und Mikrobiom
Das Mikrobiom umfasst die Gesamtheit aller Mikroorganismen in unserem Darm. Dazu zählen rund 100 Billionen Bakterien, Viren und Pilze. Dieses komplexe Ökosystem hat einen erheblichen Einfluss auf zentrale Funktionen unseres Körpers. Es reguliert den Stoffwechsel, wirkt auf das Hormon- und Nervensystem ein, stärkt das Immunsystem und beeinflusst sowohl unsere Psyche als auch unsere körperliche und geistige Leistungsfähigkeit. Auch Alterungsprozesse stehen in enger Verbindung mit der Zusammensetzung des Mikrobioms.
Ein ausgewogenes Mikrobiom kann das Risiko für zahlreiche Erkrankungen senken. Dazu gehören unter anderem Übergewicht, Diabetes, Bluthochdruck, Allergien, Autoimmunerkrankungen, Darmerkrankungen sowie psychische Leiden wie Depressionen. Auch neurologische Erkrankungen wie Demenz und Parkinson, verschiedene Krebsarten und chronische Entzündungen werden mit einer gestörten Darmflora in Verbindung gebracht.

Infografik: Mikrobiom und Erkrankungen
Vor diesem Hintergrund ist es besonders kritisch zu bewerten, dass Darmreinigungen das Mikrobiom empfindlich stören. Obwohl sie früher häufig im Rahmen von Fastenkuren empfohlen wurden, weiß man heute, dass sie die Vielfalt der Darmbakterien – ein wichtiger Marker für ein gesundes Mikrobiom – stark verringern können. Geht der Artenreichtum verloren, können sich einzelne Keime übermäßig vermehren. Dies begünstigt Entzündungsprozesse, kann das Immunsystem schwächen und sogar eine Gewichtszunahme begünstigen. Besonders problematisch ist der regelmäßige Einsatz osmotisch wirkender Abführmittel. Studien zeigen, dass dieser das Risiko für Demenz mehr als verdreifachen kann. Die einzige Situation, in der eine Darmreinigung medizinisch sinnvoll und notwendig ist, bleibt die Vorbereitung auf eine Darmspiegelung.
Fastenkrise
Ein Thema, das Dr. Michaela Axt-Gadermann im Zusammenhang mit dem Fasten ebenfalls beleuchtet, ist die sogenannte Fastenkrise. Dabei handelt es sich um körperliche oder psychische Beschwerden, die vor allem in den ersten Tagen einer Fastenkur auftreten können. Viele Menschen berichten in dieser Phase über Kreislaufprobleme, einen spürbaren Abfall des Blutdrucks, Erschöpfung, ein Gefühl von Kraftlosigkeit oder über Kopfschmerzen. Häufig wird angenommen, dass diese Symptome Anzeichen einer Entgiftung seien. Dr. Axt-Gadermann verneint diese Annahme deutlich und betont, dass dies nicht zutrifft. Vielmehr entstehen die Beschwerden in vielen Fällen durch den Flüssigkeits- und Elektrolytverlust, der durch stark abführende Maßnahmen wie etwa Darmreinigungen ausgelöst wird. Diese Eingriffe bringen das Gleichgewicht des Körpers durcheinander und können die sogenannte Fastenkrise erst hervorrufen.
Mikrobiomfasten
Als besonders verträgliche Variante stellt Dr. Michaela Axt-Gadermann das Mikrobiom-Fasten vor. Diese Form des Fastens kommt ohne belastende Reinigungsmaßnahmen aus und gilt daher als deutlich schonender. Der Fokus liegt auf der Unterstützung des Darms durch probiotische Bakterien und ballaststoffreiche Ernährung. Viele Fastende berichten, dass typische Beschwerden bei dieser Methode gar nicht erst auftreten. Auch das Thema Kaffee findet im diesem Zusammenhang Beachtung. Das Getränk enthält zahlreiche Antioxidantien, regt körpereigene Prozesse wie die Autophagie an, unterstützt die Leberfunktion und hat nachweislich positive Effekte auf das Mikrobiom.
Gesund durch Proteine: Tipps und Fakten zur optimalen Proteinzufuhr - mit Julia Tulipan
Funktionen von Protein im Körper
Proteine übernehmen im Körper eine Vielzahl zentraler Aufgaben. Sie sind maßgeblich am Aufbau von Gewebe wie Muskeln und Organen beteiligt und spielen eine wichtige Rolle beim Transport sowie der Speicherung von Substanzen. Darüber hinaus wirken sie als Co-Faktoren in zahlreichen Syntheseprozessen, sind essenziell für die Bildung von Enzymen und für die Replikation der DNA. Auch in der Zell-Signalübertragung und der Immunabwehr übernehmen sie entscheidende Funktionen. Zudem sind sie an der Hormonbildung beteiligt und können im Bedarfsfall zur Bereitstellung von Energie herangezogen werden.

Infografik: Funktionen von Proteinen
Bestimmung des Proteinbedarfs
Die Empfehlung von 0,8 g Protein pro Kilogramm Körpergewicht stellt nur die absolute Mindestmenge dar, die nötig ist, um einen Mangel zu vermeiden. Für eine optimale Versorgung reicht das allerdings nicht aus. Um den tatsächlichen Bedarf genauer zu bestimmen, wird in der Wissenschaft die sogenannte Indicator Amino Acid Oxidation (IAAO) herangezogen. Dabei wird untersucht, wie der Körper einzelne Aminosäuren, aus denen Eiweiße bestehen, verarbeitet.
Aminosäuren lassen sich in essenzielle und nicht essenzielle unterscheiden. Da sie nicht gespeichert werden können, müssen sie entweder direkt für den Muskel- und Zellaufbau genutzt oder zur Energiegewinnung verbrannt werden. Fehlt auch nur eine essenzielle Aminosäure, ist die Proteinsynthese blockiert. Die übrigen Aminosäuren werden dann oxidiert, anstatt in körpereigene Eiweiße eingebaut zu werden. In diesem Zusammenhang spricht man von der limitierenden Aminosäure, also derjenigen, deren Mangel den gesamten Aufbauprozess ausbremst. Steigt die Zufuhr dieser einen Aminosäure, sinkt die Oxidation der sogenannten Indikator-Aminosäure (meist radioaktiv markiertes Phenylalanin). Sobald der Bedarf gedeckt ist, erreicht diese Oxidation ihr Minimum, weitere Zufuhr bringt dann keinen zusätzlichen Nutzen mehr.
Studien mit dieser Methode zeigen, dass der tatsächliche Mindestbedarf an Protein um 30–50 % höher liegt als lange angenommen. In der Praxis empfehlen Fachleute daher eine tägliche Zufuhr von etwa 1,5 bis 2,2 g Protein pro Kilogramm Körpergewicht, vorausgesetzt, es handelt sich um hochwertige Eiweißquellen.
Für die Berechnung zu Hause gilt:
Wer Normal- oder Übergewicht hat, kann sein aktuelles Gewicht auf der Waage *1,5 * 2 nehmen. Bei Untergewicht sollte das Normalgewicht als Basis dienen. Eine zu hohe Proteinzufuhr muss man kaum fürchten. Negative Auswirkungen sind bisher nicht belegt, und selbst die als unbedenklich geltende Obergrenze von 3,5 g/kg Körpergewicht täglich ist auf Dauer kaum erreichbar.
Mythen über Protein und Gesundheit
Eine Studie zeigte, dass eine höhere Eiweißzufuhr mit einer geringeren Gesamtsterblichkeit einhergeht. Wer mehr Protein zu sich nimmt, profitiert zudem von einer besseren Knochendichte und einem reduzierten Risiko für Hüftfrakturen. Hinweise darauf, dass die durch eiweißreiche Ernährung bedingte Säurelast negative Auswirkungen hätte, lassen sich nicht finden.
Praktische Umsetzung der Proteinzufuhr
Gerade bei veganer Ernährung kann es allerdings kritisch werden, denn hier ist das Risiko für eine Unterversorgung besonders hoch. Deshalb sollten bestimmte Nährstoffe unbedingt ergänzt werden, beispielsweise durch Supplements.
Was heißt das praktisch für den Alltag? Frauen sollten täglich mindestens 100g Protein zu sich nehmen, bei Männern liegt das Minimum bei 120g. Besonders wichtig: Direkt mit der ersten Mahlzeit etwa 40g Eiweiß einbauen, um die Muskelproteinsynthese richtig anzukurbeln. Danach sind etwa 30g Protein pro Mahlzeit ein guter Richtwert, vor allem für ältere Menschen. Damit Dein Körper das Eiweiß besser verwerten kann, lohnt sich ein Blick auf die Zubereitung. Fleisch und Fisch am besten stark zerkleinern, medium rare ist meist besser verdaulich als durchgegart. Eier lieber weich kochen statt hart. Und zum Schluss frische Kräuter in größerer Menge erst am Ende des Kochens dazugeben, so bleibt das Beste erhalten.
Stress-Reset: So verbesserst Du Deine epigenetische Stressregulation - mit Dr. Manuel Burzler
Stresssymptome und chronischer Stress
Viele Menschen leben heute in einem Zustand dauerhafter Anspannung (=chronischer Stress), ohne sich dessen überhaupt bewusst zu sein. Sowohl äußere Einflüsse als auch innere Faktoren wie emotionale Belastungen, persönliche Erwartungen oder tief verankerte Glaubensmuster können Stress auslösen. In solchen Momenten schüttet der Körper vermehrt Stresshormone wie Cortisol, Adrenalin und Noradrenalin aus.
Da wir häufig im Stressmodus funktionieren, gewöhnen wir uns an diesen Zustand und neigen sogar dazu, unbewusst nach dem nächsten Reiz zu suchen. Gleichzeitig fehlt es vielen an Strategien zur bewussten Regeneration. Das Einplanen und Trainieren von gezielten Erholungsphasen ist jedoch essenziell, denn wer tagsüber nicht lernt abzuschalten, wird auch am Abend nur schwer zur Ruhe kommen.
Epigenetik und Stressresilienz – Forschungsstand
Unsere Gene erhalten wir von unseren Eltern, doch wie sie im Körper zur Wirkung kommen, wird durch die sogenannte Epigenetik gesteuert. Sie beeinflusst, welche Gene in welchem Ausmaß aktiviert und abgelesen werden. Daraus entstehen bestimmte Proteine, die jeweils spezifische Aufgaben im Organismus übernehmen. Bei akutem Stress werden gezielt jene Gene aktiviert, die für die Bewältigung dieser Situation erforderlich sind. Wird Stress jedoch zum Dauerzustand, bleibt diese Genaktivität dauerhaft aktiv.
Mittlerweile lässt sich durch moderne Verfahren nachweisen, ob jemand unter akutem oder chronischem Stress steht und welche gesundheitlichen Auswirkungen damit verbunden sein können. Anhaltender Stress begünstigt unter anderem die Entstehung von Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Demenz, Typ-2-Diabetes oder einem chronischen Erschöpfungssyndrom. Gleichzeitig lässt sich die eigene Stressresilienz durch einen gesunden Lebensstil positiv beeinflussen und nachhaltig stärken.
Auswirkungen von frühkindlichem Stress auf epigenetische Regulation
Wenn eine werdende Mutter während der Schwangerschaft unter chronischem Stress steht, kann das die Entwicklung ihres Kindes nachhaltig beeinflussen. Insbesondere der Hippocampus, ein Hirnareal, das unter anderem für die Stressregulation zuständig ist, wird in seiner Ausprägung verändert. Der sogenannte Sollwert für die Stressreaktion wird dabei herunterreguliert, das bedeutet, das Kind reagiert später im Leben schneller und intensiver auf Stressreize. Aus diesem Grund ist es besonders wichtig, schwangere Frauen gezielt zu schützen und zu entlasten.
Studien an Mäusen zeigen zudem, dass auch bei stark gestressten Vätern epigenetische Veränderungen auftreten können, die über die Spermien an die Nachkommen weitergegeben werden. Nach der Geburt wird das Epigenom – also die Steuerung der Genaktivität – weiter ausgebildet. Dabei spielen die Erfahrungen in der frühen Kindheit, der Lebensstil, das Verhalten der Eltern und die Ernährung eine entscheidende Rolle. Positiv ist: Diese Prozesse sind reversibel und können durch gesunde Gewohnheiten beeinflusst werden.
Bewegung spielt dabei eine zentrale Rolle. Bis zum jungen Erwachsenenalter, etwa dem 18. bis 20. Lebensjahr, sollte ausreichend Sport betrieben werden, da sich das langfristig positiv auf die Gesundheit im späteren Leben auswirkt. Wird diese Phase vernachlässigt, kann im Alter ein deutlich höherer Aufwand notwendig sein, um die gleiche gesundheitliche Basis zu erreichen. Kinder sollten außerdem früh lernen, Erholungsphasen bewusst in ihren Alltag zu integrieren, damit sie nicht ausschließlich auf Leistung ausgerichtet sind, sondern auch mit Belastung gesund umgehen können.
Ernährungsumstellung und Genaktivität
Die Gesundheit des Mikrobioms spielt eine zentrale Rolle für zahlreiche körperliche und psychische Prozesse. Über die sogenannte Verbindung zwischen Darm und Gehirn, auch bekannt als Gut Brain Axis, beeinflusst das Mikrobiom die Bildung wichtiger Botenstoffe, die für das seelische Gleichgewicht entscheidend sind. Dazu zählen unter anderem Serotonin, Dopamin und GABA (=Entspannungshormon). Zudem bildet ein intaktes Mikrobiom kurzkettige Fettsäuren wie Butyrat, sofern ausreichend präbiotische Ballaststoffe wie Inulin oder Pektin zur Verfügung stehen. Wird der Bedarf an diesen Ballaststoffen nicht gedeckt, kann die Produktion von Butyrat sinken, was sich nachteilig auf epigenetische Prozesse und die Fähigkeit des Körpers zur Stressbewältigung auswirken kann. Es besteht somit ein enger Zusammenhang zwischen der Aktivität des Mikrobioms und der Regulation des epigenetischen Systems.
Auch bestimmte bioaktive Pflanzenstoffe wie Resveratrol, Curcumin, Folsäure und Ingwer können epigenetisch wirksam sein. Ihre tägliche Aufnahme unterstützt die Regulation von Stressreaktionen. Zusätzlich tragen hochwertige Fettquellen zur Aufrechterhaltung der Gesundheit bei. Besonders empfehlenswert sind Algenöl, Fischöl, Leinöl und Olivenöl. Ergänzend dazu können gesättigte Fettsäuren wie Kokosöl oder MCT-ÖL am Morgen sinnvoll integriert werden. Ein weiterer oft unterschätzter Faktor ist die Nervonsäure. Da ein Mangel an dieser speziellen Fettsäure weit verbreitet ist, kann eine gezielte Einnahmen von Nahrungsergänzungsmitteln sinnvoll sein.
Fazit
Die ausgewählten Vorträge zeigen eindrucksvoll, wie vielfältig die Einflussfaktoren auf unsere Gesundheit sind – von Blutzuckerregulation über Stressbewältigung und Epigenetik bis hin zur Rolle von Proteinen im Alltag. Die Expert:innen liefern nicht nur wissenschaftlich fundierte Inhalte, sondern auch konkrete Ansätze, die sich leicht in den Alltag integrieren lassen. So wird deutlich: Ganzheitliche Gesundheit beginnt mit Wissen und kleinen, bewussten Entscheidungen.